Sonntag, 7. April 2024




Frühling


Sieh' doch, wie neu erwacht,

was schon verloren schien,

wie sich ein neuer Zauber über alles Leben legt,

wie stumm Geglaubtes singt

und sich das Blatt zum Licht hin wendet,

wie sich die Seele wiegt im neuen Kleid....

(aus meinem kleinen Gedichtband 'Unbetretnes Land',
deutscher lyrik verlag, Aachen, 2021)





Sonntag, 17. März 2024

 


Maja




Bei meinen Spaziergängen begegnen mir öfters Menschen, 

die ihren Hund ausführen.


Gelegentlich, wenn ihr Hund bellt,

ängstlich stehenbleibt oder übermütig an mir hochspringen möchte,

kommen wir ins Gespräch.

Dann erzählen sie mir, wie ihr Hund heißt,

warum er so oder so reagiert,

welche Eigenheiten er hat.


Kürzlich rief mir ein Mann schon von weitem zu,

sein Hund habe Angst vor mir.

Da es stürmte, hatte ich zum Windschutz meine Sonnenbrille auf

und die Kapuze meiner Daunenjacke ins Gesicht gezogen.


Ich fragte den Mann, wie sein Hund heiße,

es war eine "Sie" namens Maja.

Er erzählte mir, sie sei grundsätzlich schreckhaft und eher ängstlich,

sie belle bereits, wenn sie nur einen anderen Hund sehe.


Ich beugte mich zu Maja herunter und sagte ihr,

sie brauche keine Angst zu haben, ich sei ganz lieb, 

und außerdem sei ich ebenfalls schreckhaft und eher ängstlich,

genau wie sie.


Schon bei meinen ersten Worten kam Maja auf mich zugelaufen

und schaute mich treuherzig an.


Der Mann erzählte stolz weiter,

Maja sei ein sogenannter "Schnudel",

eine eher seltene Kreuzung von einem Schnauzer und einem Pudel.

Sie habe ein sehr liebes Wesen,

sei fürsorglich, wenn sie Nachwuchs habe,

und sehr reinlich.


Wir plauderten noch ein wenig und gingen dann beide unserer Wege.


Am nächsten Tag begegnete ich den beiden wieder,

und da es weiterhin stürmte,

war ich gleich gekleidet wie am Vortag.


Jedoch sah ich schon von weitem,

dass Maja ganz entspannt neben ihrem "Herrchen" herlief,

und sogleich rief er mir zu, 

Maja habe heute keine Angst mehr.


Nachtrag

Inzwischen habe ich erfahren, dass ein Mädchen,

das bisher Angst vor Hunden hatte,

durch meine Erzählung Freundschaft mit Maja geschlossen hat.

Ist das nicht wunderbar?




Sonntag, 25. Februar 2024

 






"Denn weiter als der Himmel ist die Liebe...."


(Quelle: Fotografien über die Träume der Engel.
Axelrod, Gerald, Angelico, Liane.
Eulen Verlag, 2002)

                                                                                                                  




Sonntag, 4. Februar 2024

 



Die Würde des Menschen


Als ich als junge Schwester im Krankenhaus arbeitete,

wurde eine Frau eingeliefert, die direkt von der Feldarbeit kam.

Sie trug noch ihre Arbeitskleidung, die verschmutzt war,

und war verschwitzt.


Ich weiß noch, daß ich damals peinlich berührt war.

Ich denke, ich war noch zu jung, um zu verstehen,

daß die Würde des Menschen unabhängig ist

von seinem äußeren Erscheinungsbild.


Viele Jahre später gab es ein Geschehnis,

das mich noch viel tiefer bewegte.

Mama war beim Zeitungsaustragen nachts 

bei Glatteis gestürzt

und hatte sich eine Platzwunde am Kopf zugezogen,

die sehr blutete.

Sie stillte die Blutung mit dem, was sie bei sich trug,

und trug dann, tapfer, wie sie war, 

weiter Zeitung aus, bis sie fertig war.

Dann begab sie sich so, wie sie war,

direkt zu ihrem Hausarzt.


Dieser meinte, sie habe großes Glück gehabt,

daß die Blutung durch die große Kälte zum Stillstand gekommen sei.


Nun müsse man jedoch abwarten, bis ihr Notverband aufgetaut sei,

damit er die Wunde versorgen könne.


Er bat Mama, solange bei ihm in der Praxis zu bleiben,

und seine Frau, die in der Praxis mitarbeitete, bat er,

für Mama ein Frühstück zuzubereiten.

Er wußte, daß sie seit Stunden unterwegs gewesen war

und hungrig sein mußte.


Diese zutiefst menschliche Geste berührt mich noch heute.


Gerade in seiner Bedürftigkeit - gleich welcher Art -

ist der Mensch am meisten darauf angewiesen,

daß wir würdevoll mit ihm umgehen.



Sonntag, 14. Januar 2024

 


In der Stille der Frühe


In der Stille der Frühe 

sind die Dinge noch namenlos

sie sind


In der Stille der Frühe

sind Gefühle noch unbenannt

du fühlst


Alles hat seinen Ort

und möchte nichts mehr

als nur sein.


(aus meinem kleinen Gedichtband 'Andernorts',
deutscher lyrik verlag, Aachen, 2019)